Autonarr, Querdenker, Winzer: Vor 100 Jahren wurde Ferruccio Lamborghini geboren
Von Axel F. Busseampnet – 26. April 2016. An der Ehrfurcht vor diesen Boliden ändert es nichts, dass seine Autos zuweilen als „Lambordjienis“ bezeichnet werden. Nicht jeder kann mit den Feinheiten der italienischen Zunge vertraut sein. Ferruccio Lamborghini, der Gründer der legendären Sportwagen-Manufaktur, wäre am 28. April 100 Jahre alt geworden. Außer rassigen Coupés hat er der Welt noch Traktoren, Bootsmotoren, Klimaanlagen und edlen Wein hinterlassen.
Der Multiunternehmer kam in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bologna
als Sohn eines Bauern zur Welt. Schon als Kind begann er sich für
Technik zu interessieren und schon bald nach dem Studium wurde er beim
Militär mit der Reparatur von Einsatzfahrzeugen betraut. Ausgemustertes
Krieggerät wurde auch zur Grundlage für seine Unternehmer-Karriere. Er
kaufte alte Militärfahrzeuge auf und baute sie zu Schleppern für die
Landwirtschaft um. An diesen traktorähnlichen Gefährten herrschte im
Nachkriegs-Italien großer Mangel. Es folgten Eigenentwicklungen für
Traktoren und Motoren. Die Firma Lamborghini Trattrice gedieh prächtig,
bot als erste Aggregate mit Direkteinspritzung an und war bald Italiens
größter Traktorenhersteller. Als er bei einem Besuch in den USA einen
Bedarf von Heinzungen und Klimageräten entdeckt hatte, gründete
Lamborghini für Fertigung und Export eine weitere Firma.
Dass er sich als erfolgreicher Unternehmer und Autonarr eine ganze
Flotte an Sportwagen zulegte, war keine Überraschung. Die Ferrari in
seinem Besitz machten ihm aber nicht nur Freude. Intensiv dachte er über
die Beseitigung der häufig auftretenden Kupplungsprobleme nach, da ihm
seine Werkstatt auch nicht das gewünschte Ergebnis liefern konnte. Auf
dem „kleinen Dienstweg“, quasi von Chef zu Chef, suchte Ferruccio
Lamborghini schriftlich den Kontakt zu Enzo Ferrari, doch das
Temperament des Commendatore ließ es nicht zu, dass der sich ernsthaft
mit vermeintlich nachrangigen Problemen eines Kunden auseinander setzte.
Vielmehr soll Enzo Ferrari einen Wutanfall bekommen haben. „Von einem
Treckerfahrer“, so die Überlieferung, lasse er sich nicht vorschreiben,
wie er seine Autos zu bauen habe.
Der mit nicht weniger Selbstbewusstsein als Ferrari ausgestattete
Lamborghini konnte solch eine Überheblichkeit nicht hinnehmen. Sein
Entschluss: Unter eigenem Namen würden künftig leistungsstärkere und
zuverlässigere Sportwagen gebaut als Ferrari sie anbot. Und weil dem
Wappentier der roten Renner, dem aufbäumenden Pferd, etwas
Gleichwertiges entgegengesetzt werden musste, suchte und fand
Lamborghini es in der spanischen Stierkampf-Historie. Beim Kampf am 5.
Oktober 1879 in der Arena von Cordoba war der Stier Murciélago von 24
Lanzenstößen verwundet noch immer nicht zusammengebrochen, worauf das
Publikum seine Begnadigung durchsetzte. Murciélago wurde ab 2001 auch
der Name des Lamborghini-Spitzenmodells.
1963 eröffnete die Automobil-Manufaktur in St’Agata, das erste Modell
hieß 350 GT. Dessen Zwölf-Zylinder-Motor wurde von Giotto Bizzarrini
entwickelt, der zuvor schon in Ferraris Diensten gestanden hatte. Ein
Paukenschlag in Technik und Design war der Lamborghini Miura, der 1966
mit einem quer eingebauten Zwölf-Zylinder-Mittelmotor aufwartete. Der
3,9 Liter große Motor des Modells Espada von 1968 war der Ursprung für
die marinen Ambitionen Lamborghinis. Ab 1970 wurden die Aggregate bei
Offshore-Bootsrennen eingesetzt.
Zwar konnten Lamborghinis Rennwagen die verhassten Ferraris bei vielen Rundstrecken-Wettbewerben hinter sich lassen, den Straßenautos gelang das in puncto Qualität und Zuverlässigkeit nicht immer. Ölkrise und der gescheiterte Versuch, das Acht-Zylinder-Modell Urraco zu platzieren, brachten die Firma in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere Eigentümerwechsel – darunter auch Chrysler – waren für Automobili Lamborghini die Folge, bis Audi 1998 den Sportwagenhersteller übernahm.
Zwar konnten Lamborghinis Rennwagen die verhassten Ferraris bei vielen Rundstrecken-Wettbewerben hinter sich lassen, den Straßenautos gelang das in puncto Qualität und Zuverlässigkeit nicht immer. Ölkrise und der gescheiterte Versuch, das Acht-Zylinder-Modell Urraco zu platzieren, brachten die Firma in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere Eigentümerwechsel – darunter auch Chrysler – waren für Automobili Lamborghini die Folge, bis Audi 1998 den Sportwagenhersteller übernahm.
Das Weingut in Umbrien, das sich Ferruccio Lamborghini zunächst als
Hobby zugelegt hatte, wurde fortan zu seinem Hauptbetätigungsfeld. Den
amtlichen Vorgaben des offiziell anerkannten Weinbaus mochte sich der
eigenwillige Winzer aber nicht unterordnen. Die typischen Rebsorten
seines Anbaugebietes verschnitt er mit importiertem französischem
Cabernet Sauvignon, wodurch diese Erzeugnisse als „untypisch
hergestellte Weine“ eingestuft wurden und ihnen die DOC-Klassifizierung
versagt blieb. Allerdings durfte Lamborghini, der am 20. Februar 1993 im
Alter von 76 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes starb, noch
erleben, dass Kenner seinen „Landwein“ sehr schätzten und in Deutschland
bis zu 40 Euro pro Flasche dafür zahlten. (ampnet/afb)
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